Perkhofer Lisa und Hofer Peter
Unser letzter Beitrag hat sich mit der Vorstellung und der Bewertung der Usability unterschiedlichen neuartigen interaktiver Visualisierungsformen zur Darstellung von multidimensionalen Daten beschäftigt (Sankey, Sunburst, Parallel Coordinates Plot sowie Polar Coordinates Plot). In diesem Beitrag wird der aktuelle Einsatz dieser und anderer Big Data Visualisierungen in österreichischen Unternehmen genauer unter die Lupe genommen und deren Potenzial für einen Einsatz im Controlling analysiert.
Visualisierungstypen
Bei der Verwendung von Visualisierungen im Unternehmenskontext unterscheidet man untenstehende Formen der Visualisierung. Die Bewertung des Status Quo in österreichischen Unternehmen basiert auf einer Online-Umfrage (Herbst 2016), welche unter den Teilnehmern der Controlling-Insights Steyr (CIS), der größten österreichischen Controller-Konferenz, erhoben wurde. An der Umfrage haben 145 Personen teilgenommen. Darunter befanden sich 72 Personen mit Managementfunktion sowie 73 Mitarbeiter aus Controlling Abteilungen.
Business Charts
Unter Business Charts versteht man Visualisierungen, welche sich im täglichen Gebrauch in Unternehmen seit der Verbreitung der Computertechnologie in den 90er Jahren sehr großer Beliebtheit erfreuen. Darunter fallen alle Formen von Balken-, Säulen-, Linien-, oder Tortendiagrammen.
Diese Diagrammformen werden in österreichischen Unternehmen mit einer Anwendungshäufigkeit von 94% mit Abstand am häufigsten eingesetzt. Im Zusammenhang mit Big Data kommen Business Charts vor allem in Form von interaktiven Dashboards zum Einsatz.
Der große Nachteil ist allerdings, dass Informationen für die Darstellung zuerst Zusammengefasst und dadurch Ausreißer geglättet und möglicherweise relevante Information „verschwindet“. Als wesentlicher Vorteil stellt sich der hohe Bekanntheitsgrad der Business Charts heraus sowie das Wissen, dass der Großteil der Berichtsempfänger diese Formen der Visualisierung zu interpretieren versteht. Weiters benötigt man für Standardgrafiken kein eigenes Softwareprogramm, es reichen gute Excel-Kenntnisse des Berichtserstellers. Der Großteil der neuartigen Visualisierungsformen ist ohne geeignete Software und/oder Programmierkenntnisse in Java nicht möglich.
Multidimensionale Visualisierungen – mehrere Attribute
Multidimensionale Visualisierungen wie z.B. Parallel Coordinates Plot, Star oder Polar Coordinates Plot, Heatmap erlauben die Darstellung großer, transaktionsbasierter Datenbestände, welche je Dimension mehrere Attribute aufweisen, sowie das Erkennen von Detailinformationen zu den jeweiligen Ursprungsdaten. Damit können auch Ausreißer je Attribut sehr gut erkannt und analysiert und die Ergebnisse unterschiedlicher Kennzahlen auf einen Blick miteinander ins Verhältnis gesetzt werden. Es geht vor allem um das Erkennen von Mustern und Zusammenhängen der Messgrößen / Attribute (z.B. ist eine Korrelation vorhanden oder nicht).
Der Nachteil liegt in einem relativ niedrigen Bekanntheitsgrad und damit auch in einem Mangel an Erfahrung der User (sowohl in Bezug auf eine geeignete Lesestrategie als auch in Bezug auf die korrekte Bedienung). Diese Art der Visualisierung wird bereits von 24% österreichischer Unternehmen verwendet.
Multidimensionale Visualisierungen – mehrere Dimensionen (Hierarchien)
Bei dieser Kategorie von Visualisierungen werden nicht mehrere unterschiedliche Messgrößen / Attribute auf einmal dargestellt, sondern mehrere, nach Dimensionen geordnete, hierarchische Ebenen (siehe beispielsweise in Sunburst-, Sankey-, oder Treemap-Visualisierungen). Es kann also eine Messgröße auf unterschiedlichste Weise Zusammengefasst bzw. aufgeteilt werden.
Auch diese Form von Big Data Visualisierungen sind deutlich weniger bekannt und eingesetzt als die Ursprungsform „Business Charts“, die Verbreitung ist aber höher als bei den oben angeführten Möglichkeiten zur Darstellung mehrerer Attribute.
Netzwerkvisualisierungen
Durch Globalisierung und Digitalisierung werden externe und interne Netzwerke von Unternehmen immer größer und komplexer. Um diese Strukturen zu erfassen, Abhängigkeiten zu analysieren und sinnhaft zu erfassen sind Netzwerkvisualisierungen oft ein geeignetes Hilfsmittel. Sie zeigen Zusammenhänge innerhalb komplizierter Strukturen und Beziehungen untereinander in visueller Form (als Beispiele sind untenstehend das Node-Link Diagramm, das Chord Diagramm, sowie der Dependency Graph angeführt).
Netzwerkvisualisierungen kommen nur äußerst selten mit 13% in österreichischen Unternehmen zum Einsatz.
Text & geografische Visualisierungen
Geografische Visualisierungen, wie unten als Choropleth oder Proportional Symbol Map dargestellt sind der stärkste Vertreter neuartiger interaktiver Visualisierungsformen in österreichischen Unternehmen. Diese werden von 34% der teilnehmenden Personen im eigenen Unternehmen verwendet. Textbasierte Visualisierungen, wie beispielsweise die WordCloud, werden von 19% verwendet.
Zusammenfassende Erkenntnisse
- Der Einsatz neuartiger Visualisierungsformen in österreichischen Unternehmen ist noch gering, das eingeschätzte Potenzial zur Aufdeckung neuer Erkenntnisse aus großen Datenmenden ist allerdings beachtlich.
- Aktive Treiber für den Einsatz neuartiger Visualisierungsformen ist die Kombination mehrerer unterschiedlicher Datenquellen miteinander. Vor allem der Einbezug von Daten aus IoT (Internet of things) und aus Sozialen Medien kristallisiert sich als Haupttreiber heraus.
- Neuartige Visualisierungstypen erzielen nur in interaktiver Form die gewünschten Resultate (das Aufdecken neuer bisher unbekannter Zusammenhänge und Einsichten). Nach dem ersten Gewinn eines Überblicks über die Daten muss es dem User muss anschließend ermöglicht werden, Daten hervorzuheben und auszublenden bzw. die visuelle Darstellung an seine eigenen Bedürfnisse anpassen zu können (vgl. Shneiderman’s mantra: Overview first, zoom and filter, then details-on-demand). Für eine optimale Wahrnehmung der und Interaktion mit der Visualisierung ist ein gutes Design- und Interaktionskonzept und damit verbunden eine hohe Usability (Effizienz, Effektivität, Zufriedenheit) wesentlich.
- Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Sammlung von „Erfahrung“ durch den User sowohl mit der Interpretation als auch mit der Bedienung der neuartigen Visualisierungsformen. Mit Training kann die Qualität der Entscheidungsfindung (gemessen an Effektivität und Effizienz) deutlich gesteigert werden!
AutorInnen:
FH-Prof. Mag. DI Peter Hofer
Lisa Perkhofer BA MA