Scrum im Marketing – ein Selbstversuch

Board mit tasks

Es war ein Arbeitstag wie viele andere auch, jedoch mit einem Unterschied: ich wollte unbedingt auch einmal nach Scrum arbeiten und heute beschloss ich das – einfach so. Unsere EntwicklerInnen machen das schon seit Jahren. Egal in welchen Meetings ich saß, es fielen immer dieselben – für mich fremden – Begriffe wie z. B. „Dailies“, „Sprint“ oder „Retro“.

Wollte ich einen Termin im Kalender eintragen, so waren eine Menge Sprint-Meetings, Retro-Meeting oder Daily-Meetings eingetragen. Wenn ich Fachmagazine las, kam ich auch um das Thema „Scrum“ nicht herum. Wenn also schon – zumindest in meinem Umfeld – so viele Personen mit „Scrum“ arbeiten, dann musste ich mir das unbedingt selbst einmal ansehen. Davon abgesehen arbeiteten wir, im Marketing, zu dieser Zeit ohnehin schon agil, um genau zu sein nach „Kanban“ und da war der Sprung zu „Scrum“ doch nicht mehr allzu weit – zumindest dachte ich das.

Bleiben wir bei Kanban oder werden wir auf Scrum umsteigen?

Zuerst musste ich versuchen, das Marketingteam von meiner Idee des Selbstversuchs zu überzeugen, denn eine „one-man-show“ kann natürlich nicht nach Scrum arbeiten. Das ging relativ schnell, meine Kollegen sind für alles Neue immer Feuer und Flamme und für einen davon ist Scrum ein „alter Hut“, da er aus der Softwareentwicklung kommt. Für ihn war dann auch sofort klar: Nach dem Selbstversuch müssen wir eine Entscheidung treffen, mit welcher agilen Methode wir weiterarbeiten wollen – Kanban oder Scrum.

Unser erstes Treffen

So starteten wir mit einem ersten unabhängigen Treffen, wo uns unser Kollege ganz allgemein über Scrum aufklärte. Einiges davon kannten wir natürlich schon durch unsere Entwicklungsabteilung. Es ging vorab einmal darum, die Bedeutung der verschiedenen Begriffe kennenzulernen, die verschiedenen Rollen und Regeln, die Scrum verwendet.

Unser erstes Planungsmeeting

Eine Woche später trafen wir uns zu unserem ersten Planungsmeeting. Da rauchten dann schon erstmals die Köpfe, denn wir mussten dieses Konstrukt, geschaffen für die Software-Entwicklung, nun auf die Marketingabteilung umlegen. Wir entschieden uns unter anderem dafür, den Zeitraum des Selbstversuchs auf einen Monat festzulegen, sowie die Sprintdauer auf eine Woche zu verkürzen. Normalerweise dauern Sprints zwei Wochen. Warum? Wir wollten schnell Output generieren, um die Testphase nicht künstlich lange zu halten. Schließlich müssen wir uns danach entweder für Kanban oder Scrum entscheiden. Da ging es um Fragen wie „Wer ist unser Kunde?“, „Wer macht den Product Owner?“, „Wer ist unser Scrum Master“. Wir entschieden uns dafür, dass wir diese Rollen alternieren lassen, dass also jeder einmal Product Owner usw. ist.

agiles Board mit scrum tasks, Marektingteam bespricht diese tasks.

Was uns als „Newbies“ am schwersten fiel, war die Schätzung der Tasks. Da ging die Anzahl der Punktvergaben, je nach Verständnis, ganz schön weit auseinander. Das kostete am Anfang viel Zeit, doch überraschenderweise ging das sehr schnell richtig leicht von der Hand. Natürlich auch deswegen, weil wir uns für die Retrospektiven (kurz Retro) Zeit genommen haben und daran arbeiteten, als Team besser zu werden. Außerdem war es nicht leicht, die Stories so zu formulieren, dass jedes Teammitglied das Ziel versteht. Ich muss zugeben, das war für mich die größte Herausforderung.

Was wir aus den vier Wochen gelernt haben

Durch die Sprintplanung beantworten wir zwei Fragen. Erstens, was im kommenden Sprint umzusetzen ist und zweitens, wie es umgesetzt werden kann bzw. was wir dafür brauchen. So mussten wir uns ganz genau mit dem Zeithorizont und der Machbarkeit auseinandersetzen. Je Sprint-Woche wurden etwa eine bis eineinhalb Stunden Aufwand für Planung, Sprint und Retrospektive betrieben.

Die Transparenz im Team hat sich durch die sogenannten Daily-Scrum Meetings absolut verbessert, denn hier tauschten wir unsere „Zwischenstände“ aus. Wir wuchsen aus einer Gruppe von Individualisten zu einem exzellenten Team zusammen.

Die Feedback-Schleife zeigte uns auf, dass wir Fehler in der Planung gemacht hatten. Diese wurden als BUG zeitnah in die Sprintplanung integriert. Dadurch konnten wir den Kurs rechtzeitig korrigieren.

Was mir persönlich am Besten gefällt, ist dieser Gedanke des „getting things done“. Natürlich ist es eine enorme Herausforderung, wenn man Ergebnisse verbindlich zu einem gewissen Zeitpunkt präsentieren muss. Ich finde aber, dass der Gedanke, dass ein gewisser Task nun erledigt ist, sehr beruhigend und motivierend für die nächsten Schritte wirkt. Wenn einem unerledigte Tasks immer wieder im Kopf „herumschwirren“, hemmt das die weitere Arbeit.

Durch diesen kontinuierlichen Flow haben wir im Team gelernt, wie viel Arbeit wir in einem bestimmten Zeitraum erledigen können. Somit haben wir die Vorhersagbarkeit auch erhöht. Das Schönste daran ist aber, dass man Ziele nun besser vorhersagen kann, was wiederum motivierend wirkt.

Unsere Herausforderungen

Natürlich gab es auch Herausforderungen, wie zum Beispiel die Terminkoordination. Diese war zu gewissen Zeitpunkten relativ schwierig. Speziell einen optimalen Zeitpunkt für das Daily zu finden war eine Challenge!

Eine weitere Hürde für uns Newbies war, die User-Stories korrekt zu formulieren. Sie sollen einerseits aus wenigen, leicht verständlichen Sätzen bestehen, andererseits aber spezifisch und detailliert sein. Aber auch das haben wir schnell, mit Hilfe unseres erfahrenen Kollegen, hinbekommen.

Wie Eingangs angesprochen, war es für uns schwierig, Aufwände zu schätzen. Auch hier haben wir uns bei der Formulierung verbessert und einen Task gesucht, der von allen Teammitgliedern leicht geschätzt werden konnte. Dieser diente uns dann als Referenz

Fazit

Es stand von Anfang an die Frage im Raum, ob wir mit Scrum oder Kanban weitermachen wollen. Obwohl die Planung der Sprints einen für uns im Marketing ungewöhnlich hohen Aufwand bedeutet, haben wir uns für Scrum entschieden. Warum?  Der klare Fokus, die übersichtlichere Arbeit und die Zusammenarbeit mit dem Team – das sind meine Hauptargumente. Aber vielleicht schreibt auch einer meiner Kollegen, nachdem er diesen Artikel gelesen hat, seine Sichtweise 😊.

Bildquellen

  • Scrum-Marketing-Selbstversuch-1: (c) solvistas GmbH